Die Stärkung der eigenen Position in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten lässt sich durch eine Kooperation und den Zusammenschluss von „Gleichgesinnten“ festigen. Unabhängig von unserem strukturellen und wirtschaftlichen Umfeld sollten wir jedoch nicht erst in Zeiten, in denen unser Hotel Auslastungsrückgänge verzeichnet, reagieren. Vielmehr ist es unsere Aufgabe über die Zukunft nachzudenken und Partner zu suchen, welche ihre Stärken und Kompetenzen mit uns teilen, schreibt der Hotelexperte Frank Reutliner.

 

Welche Vorteile ergeben sich aus einer Kooperation in der Hotellerie und Gastronomie? Kurz und gut: Durch den kooperativen Verbund konzentrieren wir unsere Kräfte und Stärken. Unterschiedlich grosse Betriebe schliessen sich zweckmässig zusammen, um die wirtschaftliche Stärke zu steigern.

Begünstigt durch die aktuelle wirtschaftliche Lage, gewinnt diese Form des Zusammenschlusses in Zukunft an Bedeutung. In der Branche ist man sich einig, dass Einzelkämpfer es schwer haben, sich gegenüber Kooperations-Mitgliedern in gleichem Masse zu behaupten. Ich zeige Ihnen auf, wie Sie sich auf einen Zusammenschluss vorbereiten und welche Faktoren Sie in Betracht ziehen müssen.

 

Einkaufs-Kooperationen: Kosteneinsparungen durch Volumen

Hotel- und Gastronomie-Ketten machen es vor. Sie bieten ihren Mitgliedern Beschaffungsverträge mit Lieferanten zu meist vorteilhafteren Konditionen an. Gewisse betriebliche und geografische Voraussetzungen unterstützen die Bildung von Kooperationen und sind oftmals gar entscheidend für den Erfolg.

Im Grundsatz geht es nicht immer darum, Preise bis ins Endlose zu drücken, vielmehr steht der Vergleich der eigenen Einkaufskonditionen mit denen der Partnerbetriebe im Vordergrund. Durch die Transparenz der Einkaufspreise lässt sich die Bandbreite klar eruieren, innerhalb welcher die einzelnen Produkte am Markt angeboten werden.

Primär eignet sich für die Beschaffung von Food- und Non-Food-Produkten ein Zusammenschluss von gleich positionierten und ähnlich ausgerichteten Betrieben besser, als Betriebe unterschiedlicher Struktur und Destinationen. Prinzipiell lohnt sich eine Kooperation bereits für einzelne Projekte, z.B. wenn grosse Mengen an technischem Material beschafft werden sollen oder Investitionen (Umbau) bevorstehen.

Zulieferer sollten als Partner betrachtet und wie Kunden gepflegt werden! Der Einflussfaktor von Lieferanten auf die Reputation eines Betriebes ist viel stärker als oftmals angenommen (Mund zu Mund-Propaganda). Es empfiehlt sich daher auch gegenüber Aussenstehenden ein strategisches und diplomatisches Vorgehen. Mit der „Brechstange“ erzielte Erfolge sind meist von kurzer Dauer.

Bereits bei der Gründung und später in der Umsetzungsphase kann eine externe Person mit entsprechender Entscheidungsbefugnis seitens der Kooperation helfen, die Projektgruppe anzuführen. Die Erfahrung zeigt, dass ein Alleingang in der Umsetzungsphase meist doppelt so viel Zeit benötigt, als unter Einbezug eines Projektleiters. Dieser fördert den Austausch zwischen den Teammitgliedern, koordiniert den Stand der Teilprojekte und prüft sämtliche Schritte auch immer mit einer gewissen „externen“ Objektivität.

Der immer intensivere Wettbewerb führt zwangsläufig zur Notwendigkeit, sich nach neuen kreativen Lösungen umzusehen. Bei der Definition der Ziele wird klar, wie anspruchsvoll die Bildung einer Kooperation sein kann. Deshalb lohnt es sich, einem bereits bestehenden Verbund beizutreten.

 

Sales & Marketing Kooperationen: Absatzsteigerung durch gezielte Markt-Abdeckung

Sales & Marekting-Kooperationen lassen sich auf verschiedenen Stufen bilden. Sinnvollerweise geschieht die Vermarktung in gebündelter Form auf Stufe Destination, abgelöst von bisherigen, oft nur auf Stufe Betrieb organisierten Kooperationen. Den Kern bildet eine einheitliche Destinationsstrategie, welche die Vernetzung der unterschiedlichen Leistungserbringer sicherstellt und eine gezielte Marktabdeckung koordiniert.

Die oft kleinbetrieblich strukturierte Anbieter-Landschaft im Schweizer Tourismus mit entsprechend limitierten Mitteln im Bereich Akquise und Marketing verfolgt bis heute unterschiedliche Verkaufsanstrengungen, welche aus Zeit- und Kostengründen oft nur in unzureichender Form durchgeführt werden. Ist weniger hier mehr?

Obwohl auch der Alleingang dank globalen Internet-Buchungsplattformen nicht zwingend ohne Erfolg sein muss, sollte sich jeder Anbieter im Klaren darüber sein, dass sich seine „Anbieter-Stimme“ heutzutage einem wachsenden Chor von professionell strukturierten, teilweise staatlich gestützten Konkurrenten gegenüber stellen muss.

Der Grundstein hierfür kann der Beitritt in eine Sales & Marketing-Kooperation sein. Dazu ist ein klares Konzept mit einer kernigen und durchdachten Sales & Marketingstrategie (Preisstruktur, Buchbarkeit, Verkauf usw.) nötig – andernfalls spart sich der Einzelne besser Kosten und Zeit für dieses „Abenteuer“. Gemeinsame Ziele und Ausrichtung müssen mit der Strategie des Betriebes übereinstimmen, sonst ist die Kooperation wenig sinnvoll. Ganzheitliches Denken auf allen Stufen ist gefragt. Eine klare Kommunikation und die Fokussierung auf die Kundenbedürfnisse sind ebenso notwendig, um eine langfristige und nachhaltige Bindung zum Gast aufzubauen. Diese Voraussetzungen sind unabdingbar – mit und ohne Kooperation!

Wer zulange zuwartet und mit sinkender Nachfrage und Spardruck zu kämpfen hat, geht Kooperationen oft aus der Position des Schwächeren ein. Nur wenn alle Beteiligten eine mehr oder weniger ähnliche Ausgangslage aufweisen und über die Dauer des Zusammenschlusses Einigkeit herrscht, kann vermieden werden, dass innovative Ansätze bereits in der Startphase auseinanderfallen.

Kooperationen und Crossmarketing in spezifischen Netzwerken des Tourismus sind die effizienteste Art, um gemeinsam etwas zu erreichen. Bewusstseinsbildung, Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in ein Produkt werden dadurch aufgebaut. Sich gegen aussen und gegenüber anderen Kooperationspartnern zu öffnen ist nicht einfach aber Voraussetzung, um das Vertrauen untereinander zu gewinnen.

Durch das Bündeln von Erfahrung und Ressourcen gewinnt die Gruppe Wettbewerbsvorteile, durch welche man den veränderten Marktbedingungen und den steigenden Kundenbedürfnissen dynamischer begegnen und nachhaltiger entgegentreten kann, als dies bei Marktbegleitern oft der Fall ist.

Kooperationen lassen sich für eine bestimmte Zeit, während eines Projektes und/oder für strategische Ziele innerhalb eines Aktionsbereiches bilden. Wichtig erscheint mir, dass sich die Mitglieder bereits zu Beginn des Bildungsprozesses über die klaren Zielsetzungen, die Dauer sowie die Form der Auflösung der Kooperation einig sind. Wird die Kooperation dann von allen involvierten Personen in der Unternehmung auch getragen, ist die Basis für die operative Umsetzung sichergestellt.Grundlagen und Strukturen für die Bildung und den Beitritt zu Kooperationen

Je nach Fachbereich ist die Bindungsintensität mehr oder weniger ausgeprägt. Beeinflusst wird diese durch die Komplexität der Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe. So setzen die Bereiche Informatik, Rechnungswesen, Controlling und Personalwesen eine höhere Bindungsintensität voraus als die Bereiche Beschaffung, Einkauf, Marketing und Verkauf.


Folgende Stufen der Kooperation lassen sich zusammenfassen:

Kooperationen ohne Vertrag benötigen klare Ziele, aktive Mitglieder, keine reinen „Zuhörer“ und Mindestspielregeln (z.B. Anwesenheitspflicht, Protokolle mit Massnahmen…).

Partielle Verträge sind Direktiven für ein Ziel (z.B. Angebotskriterien, Einkauf). Vereinbarungen sollten nicht nur kontrolliert, sondern Vergehen auch sanktioniert werden. Mindestspielregeln als Bestandteil des Vertrags (z.B. Anwesenheitspflicht, finanzielle Beiträge…).

Kooperationen durch Bildung von Gesellschaften erfordern die Bereitschaft, einen Teil der eigenen Autonomie aufzugeben sowie klare Verträge mit Regelung der Austrittsmöglichkeit (stufenweise Vertiefung).

 

Machbarkeit und Umsetzung in der Praxis

In der Umsetzung erweisen sich Kooperationen oft als Stolpersteine. Wenn gewissen Voraussetzungen zu wenig Beachtung geschenkt wird, kann der Zusammenschluss harzig oder von kurzer Dauer werden. Die Verbindlichkeiten sind hoch und Disziplinlosigkeit schwächt eine Gruppe. Folgende Gefahren können in einer Kooperation entstehen:

Gefahr 1:
Anfangseuphorie – die Begeisterung ist zu Beginn sehr gross und verliert schnell an Spannung

Gefahr 2:
Kein Durchhaltevermögen – es folgt die Ernüchterung und der Aufwand übertrifft die Erwartungen

Gefahr 3:
Neid und Misstrauen gegenüber dem plötzlichen Erfolg eines Gruppenmitgliedes

Gefahr 4:
Egoismus und Eigennutzen spielen sich in den Vordergrund.

Es empfiehlt sich daher, vor Beginn der Kooperation gewisse Leitlinien zu definieren. Dazu zählt auch die Wahl einer Führungsperson innerhalb der Gruppe, welche es versteht, die Ziele und Projekte zu verfolgen, die Kommunikation untereinander sicher zu stellen und für eine positive Kultur in der Gruppe zu sorgen.

Vor dem finalen Entscheid, eine Kooperation zu gründen oder einer solchen beizutreten, sollten einige Fragen beantwortet werden. Dabei kann es sinnvoll sein, sich an eine Vertrauensperson zu wenden oder eine Zweitmeinung von Experten einzuholen.

  • Selbstanalyse: Was sind meine eigenen Erwartungen an die Kooperation? Wie kooperationsfähig bin ich und welche Kompromisse bin ich bereit einzugehen?
  • Informationsphase: Welche Kooperationsgruppe eignet sich für meine Bedürfnisse?
  • Form der Kooperation: Wäre der Beitritt zu einer bestehenden Kooperation oder die Neugründung einer Gruppe sinnvoller?
  • Professionelle Begleitung: Will ich eine externe Beratung durch einen professionellen Partner in Anspruch nehmen oder suche ich mir eine starke Persönlichkeit aus meinem Umfeld für die Umsetzung?

10 Leitlinien für erfolgreiche Kooperationen

  • Auf Kooperation sind wir nicht trainiert – wir sind auf Kampf trainiert. Kooperieren muss gelernt werden. Partnerverständnis statt Feindbild. Die Kooperation beginnt demnach nicht beim anderen, sondern bei sich selbst. Prüfen Sie Ihre eigene Kooperationsfähigkeit.
  • Kooperation ist kein Rettungsanker für Schwache. Sie setzt eigene strategische Sicherheit voraus, ein eigenes Konzept. Kooperation erfordert unternehmerische Reife.
  • Kooperation ist keine Modeströmung nach dem Motto „Kann man es sich heute noch leisten, nicht zu kooperieren?“ Kooperation ist ein strategisches, betriebswirtschaftliches Kalkül. Manchmal ist der Verzicht auf eine Kooperation die einzig richtige Entscheidung. Nicht um jeden Preis kooperieren!
  • Kooperation heisst, einen Teil seiner Autonomie aufzugeben: „Wie viel Selbständigkeit muss ich aufgeben, um selbständig zu bleiben?“
  • Der Begriff „Synergie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet schlicht „Zusammenarbeit“. Eine Zusammenarbeit zwischen Unternehmen bringt nicht automatisch Vorteile – sie müssen erarbeitet werden – von allen. „Du hast die Idee gehabt, Du solltest es übernehmen“ ist eine Todsünde der Aufgabenteilung.
  • Lose Kooperationen erzielen durch mangelnde Disziplin und Verbindlichkeit sowohl bei Service-Kooperationen als auch bei Marketing-Kooperationen keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Professionelle Initiativen mit klaren „Spielregeln“ und straffen Verträgen schaffen.
  • Beim Geld zeigt sich schnell, wie ernst die Zusammenarbeit gemeint ist. Zugleich mit dem Vertrag ein realistisches Budget unterschreiben lassen.
  • Wenn das Produkt nicht klar ist, Marketing nicht an die erste Stelle der Ziele setzen. Marketingkooperationen erfordern Branding, Qualitätskontrolle, klare Preisstruktur, schnelle Buchbarkeit, Verkauf und Schulung – dies erfordert viel Disziplin und Durchhaltevermögen. Es geht darum, marktfähige Einheiten zu schaffen.
  • Gruppen brauchen einen starken Kopf, eine Führungspersönlichkeit. Sie führt die Gruppe auch durch die unweigerlichen Krisen. Er oder sie weiss, dass ein Kooperationsprozess etwas Lebendiges ist, das sich stets neu beweisen muss.
  • „Wer ins selbe Boot steigt, muss dasselbe Ziel haben“ – nichts ist schlechter, als Partner im selben Boot mit verschiedenen Träumen. Kooperationsfelder abstecken und gemeinsame (messbare!) Ziele erarbeiten.

Die wichtigsten Grundpfeiler sind nun gelegt. Sie haben Ihre Zukunft in der Hand und können für sich entscheiden, ob Sie den Weg in einer bestehenden Kooperation wählen oder die Ambitionen haben mit Partnern eine Neugründung vorzunehmen – Kohl & Partner wünscht Ihnen dabei viel Erfolg und unterstützt Sie gerne auf Ihrem Weg.

 

Der Autor: Frank Reutlinger ist Managing Partner bei der renommierten Beratungsfirma Kohl & Partner (Schweiz) AG in Zürich.

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