Im Rahmen der Jubliäums-Staffel von „Bumann, der Restauranttester“ wurde an der Hotelfachschule Belvoirpark in Zürich ein Medientag rund um das Thema „Ausbildung der Köche“ durchgeführt. Daniel Bumann, der bekannteste Schweizer TV-Restauranttester, und Paul Nussbaumer, Direktor der Hotelfachschule Belvoirpark, diskutierten aktuelle und brisante Fragen rund um das Thema Ausbildung von Köchen und Gastronomiepersonal.
Tatsache ist: Das Thema „Ausbildung von Köchen“ beschäftigt die Gastronomie-Branche schon seit längerer Zeit. Kritisiert wird immer wieder das fehlende Diplom einer Höheren Fachschule. Bisher hatten Köche keine Möglichkeit eine anerkannte Ausbildung mit Bachelor- oder Masterdiplom abzuschliessen. Mit der Planung der Kochakademie Heiligkreuz rückt dieses Thema nun vermehrt in den Fokus. Hotelinsider.ch sprach mit Bumann und Nussbaumer nach dem Medientag in Zürich:
Meine Herren, wie hoch ist das Ausbildungsniveau der Schweizer Köche?
Paul Nussbaumer: Grundsätzlich ist das Schweizer Berufsbildungssystem hervorragend. Die duale Lehre ist, bei aller Kritik, die man auch äussern kann, die beste Vorbereitung auf das Berufsleben. Es gibt sehr viele engagierte Lehrmeisterinnen und Lehrmeister. So kommt es sehr darauf an, in welcher Art Betrieb jemand seine Lehre absolviert. Überall dort, wo Handwerk von der Pike auf gelehrt und gelernt wird, ist das Niveau entsprechend hoch. Noch können wir gegenüber anderen Ländern brillieren, der Vorsprung aber wird knapper. Leider haben die Berufsbildungs-Verantwortlichen aus meiner Sicht zu viele der handwerklichen Grundlagen aus dem Lehrplan gestrichen. Ausbildungen müssen immer wieder dem Zeitgeist angepasst werden – Modernismus aber kann gefährlich sein für ein solides Handwerk.
Daniel Bumann: Das Niveau ist nach wie vor top. In der Schweiz haben wir in der Tat ein sehr hohes Niveau, es ist das Beste vom Besten.
Trotzdem: Wie könnte man die Ausbildung in der Schweiz noch verbessern?
Paul Nussbaumer: Zunächst einmal: Hände weg von Lehrwerkstätten! Und doch, die Unterschiedlichkeit der Lehrbetriebe ist (richtig aus unternehmerischer Sicht) derart gross, dass es sinnvoll wäre, mehr Grundlagentrainings in die Lehre einzubauen. Oft fehlt in den Betrieben die Zeit. Hier leisten die obligatorischen überbetrieblichen Kurse (ÜKs) gute Arbeit. Sie müssten verlängert werden, was dann aber sofort die grosse und heisse Diskussion auslöst, wie viele Tage denn für den Lehrbetrieb übrig bleiben. Auch müssten die Lehrmeister regelmässig spezifische Weiterbildungen besuchen. Das wäre dann ein Ideal, das sich aber kaum durchsetzen liesse. Wenn Weiterbildungen für Lehrmeister angeboten werden, kommen nur die, die schon gut sind. Das ist zwar plakativ, trifft den Nagel aber dennoch auf den Kopf.
Ich habe da noch eine Vision: Die Lehre müsste (freiwillig, wer will) auf 4 Jahre ausgedehnt werden können. Die Verlängerung sollte dann genutzt werden können, um einerseits mehr handwerkliches zu trainieren und andererseits zum Beispiel die Berufsmatura absolvieren zu können. Wer im Beruf weiterkommen und Erfolg haben will, braucht in aller Regel gute handwerkliche Fähigkeiten und eine gute und breite Allgemeinbildung.
Daniel Bumann: Es ist wichtig, vermehrt auf das Handwerk zu achten. Auch der Respekt zu den Ressourcen ist ein wichtiger Punkt, darauf muss mehr geachtet werden. Das Handwerk dürfen wir nicht auf die Kosten der Kunst aus den Augen verlieren.
Ist denn eine gute Ausbildung die Basis für Erfolg?
Paul Nussbaumer: Ja, auf jeden Fall! Und doch, eine Garantie ist es nicht. Wer aber eine solide Ausbildung absolviert hat, sein Handwerk gelernt, trainiert und verfeinert hat und zudem eine gute Allgemeinbildung mitbringt, hat im Kochberuf, in der Gastronomie und in der Hotellerie ausgezeichnete Chancen.
Für den Erfolg braucht es aber auch die engagierte Persönlichkeit, den Willen, etwas leisten und erreichen zu wollen, mehr zu tun, als der Durchschnitt dies tut – oder eben den Willen, die berühmte Extrameile zu gehen.
Daniel Bumann: Ja, eine gute Ausbildung ist nach wie vor die Basis für den Erfolg. Wenn die Basis nicht stimmt, hängt es nur noch vom Glück ab.
Wie wird man eigentlich ein guter Koch?
Paul Nussbaumer: Nebst der mehrfach beschriebenen Ausbildung braucht es Freude an guten Lebensmitteln. Kreativität und doch gute Bodenhaftung. Man muss neugierig sein, immer wieder etwas entdecken wollen, sehen und hören, was andere tun, um von ihnen zu lernen. Jedes Ausgeherlebnis ist ein Eldorado für neue Ideen. Es braucht aber auch Energie und Ausdauer, mehr zu trainieren und zu tüfteln. Man darf auf das, was man erreicht hat, auch mal stolz sein, der Wille, stets noch besser zu werden darf aber nie verloren gehen.
Daniel Bumann: Ein guter Koch muss schon gebettet sein in seinen Grundlagen. Leidenschaft und Freude für diese Berufung ist zwingend. Man braucht aber auch die richtigen Adressen, die einem ein gutes Sprungbrett zum Erfolg bieten. Es ist auch mit Glück verbunden, man muss auch mal zum richtigen Moment am richtigen Ort sein.
Zeigen Kochsendungen die Realität? Zeigt „Bumann, der Restauranttester“ die Wirklichkeit?
Paul Nssbaumer: Ja und nein. In den einzelnen Beispielen hält Bumann den Finger absolut auf die wunden Punkte. Für die Sendung(en) braucht es starke Beispiele. Aus all den „5-vor-Pleite-Beispielen“ aber abzuleiten, es sei das Bild einer gesamten Branche, wäre sicherlich falsch. Was die Schweizer Gastronomie im Durchschnitt zu bieten hat, ist verglichen mit dem Rest der Welt hervorragend. Top-Restaurants gibt es in jeder Stadt, in allen Ländern auf jedem Kontinent. Sorglos aber in praktisch jedes Restaurant gehen zu können und grundsätzlich gut und sicher zu speisen, das ist aus meiner Sicht einzigartig.
Daniel Bumann: Die Kochsendung „Kernser Köche“ ist ein Beispiel für eine gute Sendung. Da ist das Zubereiten der Gerichte vor Ort sehr objektiv. Man sieht nicht nur das fertige Produkt. Durch das Zeigen des ganzen Prozesses ist es sehr echt und nahe. Die Sendung „Bumann, der Restauranttester“ ist sehr realitätsnahe. Es gibt kein Drehbuch und keine Vorgaben. Es ist eine Dokumentation der Realität und macht keine Situation besser oder schlechter, als sie ist. Die Sendung ist reine Dokumentation.
Paul Nussbaumer und Daniel Bumann, vielen Dank für das Gespräch.
Wer ist Daniel Bumann?
Daniel Bumann, geboren 1958, aufgewachsen im elterlichen Gasthof oberhalb von Saas-Fee VS, absolvierte seine Lehre zum Koch in Leukerbad. Nach seiner Ausbildung vertiefte er sein Fachwissen in diversen Hotels und Restaurants. Zwischen 1981 und 1990 war er Küchenchef in zwei Erstklasshäusern. Er schloss die höhere Fachprüfung zum eidgenössisch diplomierten Küchenchef ab und ist Kochweltmeister und Olympiasieger.
Bumann ist seit 1985 verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.
Im Dezember 1990 eröffnete Bumann mit seiner Ehefrau Ingrid Bumann-Jossen zusammen sein erstes Lokal in Naters VS – das Bumanns Kulinarium, das sie während fünf Jahren erfolgreich führten. 1995 zog die Familie ins Engadin und eröffnete das Fine Dining Restaurant Bumanns Chesa Pirani in La Punt bei St. Moritz. Bumanns Chesa Pirani gehörte bis zur Schliessung im April 2017 zu den zehn besten Restaurants der Schweiz. Seine wichtigsten Auszeichnungen:
- 1996: der erste Stern Michelin und 2002 der zweite Stern Michelin.
- 2003: 18 Punkte, als Aufsteiger des Jahres von Gault-Millau Schweiz
- 2004: Milestone Tourismuspreis Schweiz
- 2006: Gastgeberteam des Jahres von Guide bleu
- 2008: Restaurant des Jahres von Bertelsmann
- bis 2017: 18 Gault-Millau Punkte sowie 2 Sterne im Guide Rouge Michelin.
Seit 2009 ist Bumann beim Schweizer Privatfernsehsender 3 plus als «Der Restauranttester» zur Rettung von Restaurants mit Problemen unterwegs. Die Sendung ist die schweizerische Adaption des englischen Originals „Gordon Ramsay: Chef ohne Gnade“.