Die Corona-Krise erschüttert die Hotellerie. Sie ist für viele Hotels und Gastronomiebetriebe sogar eine Existenzfrage. Was sollte der Hotelier in der Krise tun? „Hotelinsider“-Gastautorin Prof. Dr. Nicola Zech hat sich mit dem Thema Krisenmanagement umfassend beschäftigt. Sie hat das hier publizierte, gesamtheitliche Krisenmanagement-Modell speziell für die Hotellerie entwickelt.
Welche Krisenpläne sollten in der Hotellerie immer vorhanden sein?
Erstens: Ein Krisenmanagement-Handbuch. Das heisst die Zusammenfassung aller vorbereitenden Krisenmanagement-Massnahmen. Diese sind: Bennenung des Krisenmanagement-Teams inklusive Kontaktdetails. Allgemeine Notfallnummern. Erläuterung möglicher Krisenszenarien inklusive Kriterien und Warnsignale. Trainingspläne.
Zweitens: Ein Krisenkommunikations-Plan. In diesem ist u. a. festgehalten: a. Name des Unternehmenssprechers (und Bestimmung, dass nur diese Person für das Unternehmen mit der Öffentlichkeit kommuniziert), b. die Medien, über die intern und extern kommuniziert
wird, c. der einheitliche Kommunikationsstil (evtl. Unterscheidung in intern und extern), d. die vorbereiteten standardisierten Pressemeldungen, die im Krisenfall auf die aktuelle Situation angepasst werden, e. ob gegebenenfalls mit einer externen spezialisierten Kommunikations-/PR-Agentur zusammengearbeitet wird.
ES GIBT FRAGESTELLUNGEN, DIE MOMENTAN ALLE HOTELS BETREFFEN.
Gäste wollen stornieren, da sie Angst haben, sich mit dem Coronavirus anzustecken?
Generell sind die offiziellen und vereinbarten Stornobedingungen von Hotels und Gästen zu befolgen; aber im Rahmen einer langfristigen CRM-Strategie kann sich die kulante Stornoregelung besonderer Gästegruppen lohnen.
Gäste müssen stornieren, da sie nicht reisen können/dürfen (Infektion, Quarantäne, geschlossene Grenzen). Was nun?
Obwohl es für Gäste unangenehm ist, ist derselbe Tatbestand gegeben wie bei der Frage zuvor. Daher dieselbe Antwort: Generell sind die offiziellen und vereinbarten Stornobedingungen von Hotels und Gästen zu befolgen; aber im Rahmen einer langfristigen CRM-Strategie kann sich die kulante Stornoregelung besonderer Gästegruppen lohnen.
Mitarbeitende wollen bestimmte Jobs nicht machen – aus Angst vor Ansteckung mit dem Virus. Wie reagieren?
Druck ist hier sicher die falsche Herangehensweise; Transparente Teamgespräche und kooperative Lösungsansätze erscheinen zielführender. Wichtig: Der Fachkräftemangel wird auch nach Abebben der aktuellen Corona-Krise anhalten. Deshalb ist es nach wie vor ratsam, gute Mitarbeitende zu motivieren und langfristig ans Unternehmen zu binden.
Wie soll die Rezeptionistin reagieren, wenn ein Gast beim Einchecken einen kranken Eindruck macht, er das aber nicht so sieht?
Keine Panik! Kein eigenmächtiges Vorgehen! Information des Vorgesetzten sowie des festgelegten Krisenmanagement-Teams auf den festgelegten Kommunikationswegen; das Krisenmanagement-Team sollte sich dann sofort beraten und gegebenenfalls externe Auskunft bei zuständigen Behörden einholen.
Wie soll im Hotel kommuniziert werden, wenn der Verdacht besteht, dass ein Gast infiziert ist oder wenn ein Gast nachweislich infiziert ist?
Ausschliesslich via Krisenmanagement-Team bzw. Krisenkommunikations-Beauftragten. Mit nur einer Stimme sprechen! Gegebenenfalls vorab provisorisch im Krisenmanagement-Team entsprechende Mitteilungen konzipieren, damit die Informationskette im Ernstfall schneller funktionieren kann.
Wie kann der Hotelbetrieb aufrechterhalten werden, wenn Corona-Erkrankungen bei Gästen und Hotelpersonal verstärkt auftritt?
Das Krisenmanagement-Team sollte sich beraten und eventuell externe Auskunft bei Gesundheitsämtern einholen. Eventuell kann die Schliessung einzelner Gebäudeteile oder Etagen wirtschaftliche Folgen abmildern.
Welche Form der Zimmerreinigung/Desinfektion ist während der Quarantäne zu gewährleisten? Welche Verpflegungen sind obligatorisch? Wie soll das Personal auf uneinsichtige Gäste reagieren? Wer kommt für alle Kosten auf? Welche Unterstützungen gibt es für die Betriebe? Was tun, wenn die Krise die Existenz des Unternehmens in Frage stellt?
Diese Fragen sind pauschal nicht zu beantworten, denn die Voraussetzungen ändern sich laufend, so dass hier keine verlässlichen Auskünfte gegeben werden können. Es empfiehlt sich, die stets aktualisierten Informationen der Branchenverbände Hotelleriesuisse und Gastrosuisse einzuholen.
WAS SIND IN DER JETZIGEN SITUATION DIE WICHTIGSTEN AUFGABEN VON HOTELDIREKTOREN?
Ausgeprägte Teamführung, Transparenz, Mut/Motivation, angewandtes Krisenmanagement.
GENERELLE EMPFEHLUNGEN
- Krisenbewusstsein entwickeln, aus dem Reaktionsmodus in einen strategischen Modus mit Planung von Prozessen übergehen.
- Keine Panik verbreiten, denn diese überträgt sich auf Mitarbeitende und Gäste, nicht nur im Falle einer angeordneten Quarantäne ist Panik als äusserst kontraproduktiv für die Stimmung im Hotel anzusehen.
- Transparenz leben, stetiger Austausch mit Branchenverband und Gesundheitsbehörde.
- Hotel nicht isoliert betrachten. Sowohl die Konkurrenz als auch weitere Stakeholder
(z.B. Tourismusvereine, Gastronomie, Reiseveranstalter, Tagungsorganisatoren) stehen vor vergleichbaren Herausforderungen – kooperative Brainstormings führen zu gemeinsamen Lösungsansätzen und können vielleicht die Auswirkungen für alle Beteiligten abmildern.
Krisenmanagement als Marketingfaktor nutzen!
Bewusstsein entwickeln, dass das Krisenmanagement kein kostenintensives Übel darstellt, sondern bei professioneller Implementierung durchaus als Marketingfaktor genutzt werden kann. Die Sensibilisierung der Leisure- und Businessgäste nicht nur hinsichtlich der Corona-Krise hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Der Aufbau eines tiefergehenden Vertrauensverhältnisses zwischen Hotels und Gästen führt langfristig zu einer engeren Gästebindung und damit verbunden zu einer erstrebenswerten geringeren Ratensensibilität.
DIE AUTORIN
Prof. Dr. Nicola Zech hat seit 2016 eine Professur für Tourismuswirtschaft an der Universität in München. Vor ihrer Promotion mit dem Dissertationsthema „Crisis Management within the Hotel Industry – a Stakeholder Relationship Management Approach“ war sie in verschiedenen Führungspositionen in der internationalen Hotellerie tätig. Heute führt Nicola Zech neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit ihre eigene Agentur Zech-Hotelmarketing, die auf Consulting, Training, Konzeptentwicklung und Forschungsprojekte spezialisiert ist. Das Krisenmanagement in der Hotellerie stellt dabei einen besonderen Schwerpunkt dar.